Gewalt gegen Frauen: Die Stadt leuchtet in Orange

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Gewalt gegen Frauen: Die Stadt leuchtet in Orange

Jede dritte Frau in Österreich erlebte körperliche oder sexuelle Gewalt.

von Stephanie Angerer
25.11.2022, 17:24

Blaue Flecken im Gesicht einer jungen Frau sind auf einem Foto zu sehen, dass ein Arzt im Unfallkrankenhauses Meidling aufnimmt. Für den Befund. Auf die Frage, wie es zur Verletzung gekommen sei, antwortet sie, dass sie sich am Küchenkasterl gestoßen habe.

Jahrelange Gewaltspirale
Solche Aussagen hört Irene Tambornino, Medizinerin und stellvertretende ärztliche Direktorin der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, beinahe täglich. Oft seien die Frauen jahrelanger Gewalt ausgesetzt. Darüber reden würden manche nie. Auch nicht, wenn Ärzte sie im Spital direkt auf ihre Verletzungen ansprechen.

„Gerade weil viele Frauen aus Scham oder Angst nicht die Wahrheit über den Hergang sagen, ist es wichtig, dass unser Personal die Anzeichen von Gewalt rechtzeitig erkennt“, erklärt Tambornino. Das Ansprechen eines Gewaltverdachts erfordere besonders viel Einfühlungsvermögen.

Umfrage zu Gewalt
Wie viele der Frauen, die im Unfallkrankenhaus Meidling behandelt werden, Opfer sexueller oder körperlicher Gewalt waren, könne die Ärztin nicht sagen. Eine klare Antwort liefert ein Blick auf eine Umfrage durch die Statistik Austria, die am Freitag zum Auftakt für die Sensibilisierungskampagne „16 Tage gegen Gewalt“ präsentiert wurde.

Um darauf hinzuweisen, dass jede dritte Frau in Österreich ab 15 Jahren körperliche oder sexuelle Gewalt erleben musste, leuchteten am Donnerstag im Rahmen der UN-Kampagne „Orange the World“ in Österreich Gebäude in Orange – um Energie zu sparen, wurde die Beleuchtung aber nach einem Tag wieder abgeschaltet. Heuer werden stattdessen markante Gebäude, wie Unis, orange beflaggt.

Für die Umfrage wurden 6.240 Frauen zwischen 18 und 74 Jahren ausgewählt, die von Oktober 2020 bis März 2021 von ihren Erfahrungen mit körperlicher oder sexueller Gewalt berichteten. Vergewaltigt wurden demnach in Österreich 282.480 Frauen. Androhungen von Gewalt mussten fast eine halbe Million Österreicherinnen erleben. Die Statistik zeigt außerdem, dass die Aggression in mehr als einer halben Million Fälle im Rahmen der Beziehung passiert. 16,4 Prozent der Frauen haben Gewalt durch ihren Partner erlitten.

Unsaubere Befunde
„Das Problem bei häuslicher Gewalt besteht vor allem darin, dass Frauen nicht geglaubt wird. In solchen Fällen gibt es oft nur die Verletzungen als ,Beweis‘“, sagt Andrea Brem, Geschäftsführerin der Wiener Frauenhäuser. Die Befundaufnahme sei deshalb enorm wichtig. „Da es in diesem Bereich Defizite gibt, müssten viel mehr Ärzte darauf geschult werden“, sagt Brem. Damit Mediziner im Fall des Falles erkennen, dass die blauen Flecken nicht vom Küchenkasterl verursacht wurden.

Quelle: https://kurier.at/chronik/oesterreich/spuren-von-gewalt-an-frauen-rechtzeitig-erkennen/402237816 mit Stand vom 28.11.2022 um 12:46 Uhr

„Orange The World“ – AUVA setzt Zeichen gegen Gewalt an Frauen

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„Orange The World“ – AUVA setzt Zeichen gegen Gewalt an Frauen

Mit der weltweiten UN-Kampagne „Orange The World“ wird von 25. November bis 10. Dezember das Thema Gewalt an Frauen ins Bewusstsein gerückt. Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) als Trägerin von Unfallkrankenhäusern sowie Rehabilitationszentren unterstützt die Kampagne und macht zu deren Auftakt auf die wichtige Rolle von Gesundheitspersonal aufmerksam.

Gewalt hat viele Formen und Gesichter: Weltweit ist jede dritte Frau von Gewalt betroffen – in Österreich erfährt jede fünfte Frau ab ihrem 15. Lebensjahr psychische, physische und/oder sexuelle Gewalt. Die AUVA legt den Fokus daher gezielt auf diese – nach wie vor häufigste – Menschenrechtsverletzung.

„Als Zeichen der Solidarität mit diesem wichtigen Anliegen sorgen wir für die Sichtbarkeit der Kampagne, denn für Gewalt an Frauen gibt es keine Toleranz“, so Mag. Jan Pazourek, Generaldirektor-Stv. der AUVA.

Die Teilnahme an der Kampagne soll darauf aufmerksam machen, dass Krankenhäuser eine wichtige Rolle spielen. Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegepersonen sind in vielen Fällen die Einzigen, die Auswirkungen von Gewalt in Form von Verletzungen erkennen können.

Hinschauen statt wegschauen
Meist ist es für Gesundheitspersonal nicht auf den ersten Blick erkennbar, ob eine Verletzung Folge von Gewalt ist oder nicht. „Gut geschultes und sensibilisiertes Personal nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein“, schildert Frau Dr. Irene Tambornino, Ärztliche Direktor-Stellvertreterin der AUVA. Denn das Ansprechen eines Gewaltverdachtes erfordert Einfühlungsvermögen und einen sensiblen Umgang mit den Betroffenen. „Dabei legen wir großen Wert darauf, dass unsere Mitarbeitenden bewusst hinschauen, gewaltbedingte Verletzungen erkennen und verantwortungsvoll handeln – und das nicht nur im Kampagnenzeitraum.“

Dafür arbeitet die AUVA mit Gewaltschutzeinrichtungen in den Ländern und Opferschutzgruppen anderer Träger zusammen, um Betroffenen nach medizinischer Versorgung weitere psychosoziale und rechtliche Unterstützung anbieten zu können.

„Neben der hohen Bedeutung des Engagements jedes Einzelnen ist es auch ein Ziel der AUVA, eine Führungsrolle in Österreich bei der Umsetzung derartiger Konzepte zu übernehmen, zur Enttabuisierung des Themas beizutragen und unser Wissen im Sinne unserer Vorbildfunktion auch an andere Einrichtungen weiterzugeben“, so Dr. Roland Frank, Ärztlicher Direktor der AUVA.

Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen
Die UN-Kampagne läuft parallel zu den Bestrebungen der medizinischen Direktion der AUVA, der Gesellschaft der Gutachterärztinnen und -ärzte sowie der österreichischen Bundesregierung, häusliche Gewalt zu bekämpfen. „Bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt kommt es insbesondere darauf an, bei der Erstellung von Befunden so sorgfältig wie möglich zu arbeiten, Verletzungen bestmöglich zu beschreiben sowie zu dokumentieren und sich nicht mit unglaubwürdigen Ausreden über den vermeintlichen Unfallhergang der Verletzungen bei Frauen zufrieden zu geben“, so der Ärztliche Direktor. Damit wird das Ziel verfolgt, dass eine Krankengeschichte im Bedarfsfall als Beweis für häusliche Gewalt gegen eine Frau herangezogen werden kann.

Weitere Informationen
orangetheworld.at
Frauenhelpline gegen Gewalt, Tel.: 0800 222 555

Quelle: https://www.auva.at/cdscontent/?contentid=10007.889282&portal=auvaportal mit Stand 28.11.2022 um 12:25 Uhr