Nationalrat beschließt kleine Sozialversicherungsnovelle

www.parlament.gv.at, Republik Österreich – Parlament – PARLAMENT AKTIV

Parlamentskorrespondenz Nr. 1116 vom 12.10.2022

Themenfelder:
Gesundheit/​Soziales
Format:
Plenarsitzungen des Nationalrats
Stichworte:
Nationalrat/​Sozialversicherung/​COVID-19/​Rauch

Nationalrat beschließt kleine Sozialversicherungsnovelle
Mehrheit auch für Abgeltung für COVID-19-Tests für Risikopersonen in Ordinationen

Wien (PK) – Neben den großen Paketen im Bereich Soziales wie der Pensionserhöhung und der Valorisierung von Sozial- und Familienleistungen hat der Nationalrat heute auch eine kleinere Sozialversicherungsnovelle beschlossen. Sie enthält Änderungen zugunsten der Bezieher:innen von kleinen und mittleren Pensionen in Bezug auf den Teuerungsausgleich sowie Lockerungen für Vertreter:innen von Sozialversicherungen.

Ebenfalls beschlossen haben die Abgeordneten eine Abgeltung von Corona-Tests für Ärzt:innen im niedergelassenen Bereich. Durch die Abschaffung der COVID-19-Impfpflicht obsolet gewordene Honorarbestimmungen in diversen Sozialversicherungsgesetzen werden gestrichen.

Keine Mehrheit konnte die FPÖ für drei Anträge zum Thema COVID-19 finden. Gefordert werden darin bundesweit kostenlose Antikörpertests, Entschädigungszahlungen an Personen, denen die Corona-Maßnahmen finanziell und psychisch geschadet haben, und die Aufhebung des COVID-19-Maßnahmengesetzes.

Kleine Sozialversicherungsnovelle beschlossen

Der Nationalrat hat eine von ÖVP und Grünen beantragte kleinere Sozialversicherungsnovelle beschlossen. Sie soll zum einen bezwecken, dass der im Juli auf den Weg gebrachte Teuerungsausgleich für Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen von bis zu 500 € nicht auf die Sozialhilfe angerechnet wird und somit etwa eine allfällige Wohnbeihilfe nicht schmälert. Zum anderen wird die im Zuge der Sozialversicherungsreform eingeführte Pflicht für Versicherungsvertreter:innen, vor ihrer Entsendung in einen Verwaltungskörper eine Informationsveranstaltung des Dachverbands zu besuchen, adaptiert. Künftig reicht es demnach aus, wenn der Nachweis innerhalb von zwölf Monaten nach der Entsendung erbracht wird. Verwaltungskörper sollen damit nach dem Ausscheiden eines Mitglieds rasch wieder vollzählig besetzt werden können.

Auf Verlangen von FPÖ-Abgeordneter Dagmar Belakowitsch wurde über die beiden Bestimmungen in Zweiter Lesung getrennt abgestimmt. Die Änderung für Versicherungsvertreter:innen wurde mehrheitlich angenommen. Für die Nicht-Anrechnung des Teuerungsausgleichs auf die Sozialhilfe gab es die Stimmeneinhelligkeit. In Dritter Lesung wurde die Novelle schließlich mehrheitlich beschlossen.

Markus Koza (Grüne) legte dar, dass die Änderung notwendig sei, weil in manchen Bundesländern das Sozialhilfegrundsatzgesetz noch nicht umgesetzt worden sei und es deshalb passiert sei, dass Einmalzahlungen auf andere Leistungen angerechnet wurden. Das sei nicht Sinn der Sache gewesen. Ernst Gödl (ÖVP) unterstrich, dass man sicherstellen wolle, dass Einmalzahlungen wie der Teuerungsausgleich zu 100% bei jenen Menschen ankommen, die sie benötigen. Aus seiner Sicht trägt auch das aktuelle Budget eine klare soziale Handschrift.

Wolfgang Zanger (FPÖ) sah das anders und unterstellte der Regierung, nicht zu wissen, wie es der Bevölkerung derzeit gehe. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) fand die Bestimmung zur Nicht-Anrechnung von Sonderzahlungen auf Sozialleistungen wie die Wohnbeihilfe sinnvoll. Die Koalition habe jedoch eine zweite Regelung im Antrag „mit verpackt“, weshalb sie eine getrennte Abstimmung verlangte. Versicherungsvertreter:innen könnten sich aus ihrer Sicht rechtzeitig vorbereiten und ausbilden lassen. Dass der Nachweis über eine absolvierte Informationsveranstaltung künftig erst nach einem Jahr erbracht werden muss, bezeichnete Belakowitsch als Armutszeugnis.

Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) nutzte die Debatte, um erneut Kritik an der 2018 unter der schwarz-blauen Bundesregierung beschlossenen Zusammenlegung der Sozialversicherungen zu üben. Die Versprechungen von Einsparungen im Wert von 1 Mrd. € seien nicht erfüllt worden. Im Gegenteil sei es zu Mehrausgaben gekommen, während gleichzeitig die Leistungen für Patient:innen nicht verbessert worden seien.

Weitere sozialversicherungsrechtliche Änderungen in Bezug auf COVID-19

Zwei weitere Sozialversicherungsnovellen, die der Nationalrat mehrheitlich beschlossen hat, stehen in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Ärzt:innen im niedergelassenen Bereich erhalten damit bis Ende des Jahres auch für Beratungen über den Einsatz von Medikamenten gegen COVID-19 sowie für die Durchführung von Antigen-Tests bei Risikopatient:innen, die am gleichen Tag einen Behandlungstermin in der Ordination haben, ein Honorar in der Höhe von 12 bzw. 25 €.

Mit der zweiten Änderung werden – analog zum ASVG -Honorarbestimmungen aus dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz und dem Beamten‑Kranken- und Unfallversicherungsgesetz gestrichen, die durch die Abschaffung der Impfpflicht obsolet geworden sind. Das betrifft etwa die Ausstellung von Bestätigungen für Schwangere über das Vorliegen eines Ausnahmegrundes von der COVID-19-Impfpflicht. Für die Ausstellung von COVID-19-Risikoattesten wird der Bund die Kosten weiterhin bis Ende 2022 tragen.

Keine Mehrheit konnten die Freiheitlichen für ihre Anträge im Zusammenhang mit COVID-19 finden. Sie sprechen sich darin erneut dafür aus, dass das COVID-19-Maßnahmengesetz außer Kraft treten soll. Mit einem weiteren Antrag fordert die FPÖ Entschädigungszahlungen für Personen, die durch gesetzwidrige Corona-Maßnahmen zu Schaden gekommen sind. Auch die Forderung nach bundesweiten, freiwilligen und kostenlosen Antikörpertests brachten die Freiheitlichen erneut aufs Tapet. Diese würden aus ihrer Sicht zur Schaffung einer umfassenden Datenlage zu COVID-19 beitragen.

Debatte über Corona-Krisenmanagement

Philip Kucher (SPÖ) kritisierte in der Debatte erneut das Krisenmanagement der Regierung in Bezug auf COVID-19. Aus seiner Sicht habe man den dritten Sommer hintereinander verschlafen. Es gelte, nicht dauernd dieselben Fehler zu machen. Schließlich hätten die Menschen angesichts der Teuerung andere Sorgen. Auch Fiona Fiedler (NEOS) übte Kritik. Es werde Geld für Zwischenlösungen ausgegeben, statt nachhaltige Reformen anzugehen. Für Fiedler lassen sich die hohen Ausgaben für Coronatests nicht rechtfertigen. Es brauche eine Rückkehr zur Normalität und endlich eine ordentliche Pflegereform.

Dagmar Belakowitsch (FPÖ) warf der Regierung vor, ein „Zwangsregime“ mit Maskenpflicht, Massentests und Impfpflicht eingeführt zu haben. Man habe die Bevölkerung permanent unter Druck gesetzt. Nun müsse damit Schluss sein, unterstrich Belakowitsch die FPÖ-Forderung nach Aufhebung des COVID-19-Maßnahmengesetzes. Wie Belakowitsch sah auch Susanne Fürst (FPÖ) unverhältnismäßige Eingriffe in das Privat- und Wirtschaftsleben der Menschen. Für Gerhard Kaniak (FPÖ) haben insbesondere die jüngsten Äußerungen der Koalition zur Maskenpflicht keine gute Optik ergeben. Kaum sei die Bundespräsidentschaftswahl geschlagen gewesen, habe die Grünen-Klubobfrau eine Maskenpflicht angekündigt. Aus seiner Sicht haben die Prognosemodelle der Regierung eine gravierende Schwachstelle, weil nicht bekannt sei, wie viele Menschen gegen das Coronavirus immunisiert seien. Kaniak sprach sich daher erneut für flächendeckende Antikörpertestungen aus. Gerald Hauser (FPÖ) kritisierte ein weiteres Mal den Zugang der Bundesregierung zu COVID-19-Impfungen, insbesondere mit Blick auf das dafür vorgesehene Budget.

Laurenz Pöttiner (ÖVP) betonte, dass eine Aufhebung des COVID-19-Maßnahmengesetzes zum jetzigen Zeitpunkt bei steigenden Fallzahlen riskant und grob fahrlässig wäre. Auch den FPÖ-Anträgen zu Entschädigungszahlungen und Antikörpertests konnte er nichts abgewinnen. Für die Geltendmachung von etwaigen Ansprüchen stünde bereits jetzt der Rechtsweg offen. Antikörpertests seien nicht sinnvoll, weil es nach wie vor keinen Schwellenwert für ausreichende Antikörper gebe. Der Koalitionsantrag hingegen diene der Patient:innenzufriedenheit und einer fairen Abgeltung von Leistungen der niedergelassenen Ärzt:innen, zeigte sich Pöttinger überzeugt. Insgesamt treffe man zahlreiche Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie, um die Bevölkerung bestmöglich zu schützen.

Auch Ralph Schallmeiner (Grüne) sah das aktuelle Corona-Management positiv. Es gebe einen Virusvariantenmanagementplan mit vier Szenarien, der von Wissenschafter:innen erarbeitet wurde. Auch die laufende Evaluierung, das Testsystem und das Datenregister strich er als positiv heraus. Die Pandemie habe sich verändert, sie sei aber noch nicht vorbei. Wenn notwendig, werde es daher weitere Maßnahmen geben, über die jedoch in Ruhe nach Maßgabe des Variantenmanagementplans entschieden werde.

Gesundheitsminister Johannes Rauch betonte ebenfalls, dass der Plan umgesetzt werde. Eine Prüfung über eine etwaige Maskenpflicht laufe derzeit. Rauch stellte zudem klar, dass die mit der Gesetzesänderung ermöglichten Antigentests von symptomlosen Risikopatient:innen durch niedergelassene Ärzt:innen freiwillig sind. Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ) hatte zuvor die Vermutung geäußert, dass es damit zu einem Testzwang komme und die Patient:innen deshalb Besuche bei Ärzt:innen meiden würden.

Der Gesundheitsminister ging auch auf die generelle Situation im Gesundheitssystem ein. Reformen seien notwendig, es brauche dafür bekanntlich aber die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Sozialversicherung. (Fortsetzung Nationalrat) kar

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

Quelle: https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2022/PK1116/index.shtml , Stand 13.10.2022, 11:46 Uhr

„Meidling wächst jetzt um 6.000 Quadratmeter“

www.meinbezirk.at, Politik, Freitag, 09. September 2022

Neue Bezirksgrenzen
Meidling wächst jetzt um 6.000 Quadratmeter

Das Meidlinger Unfallkrankenhaus erweitert sein Angebot. Dafür benötigt man Platz. Favoriten überließ dem Zwölften 6.000 Quadratmeter, das ist beinahe so groß wie ein Fußballfeld.

WIEN/FAVORITEN/MEIDLING. Bis Ende diesen Jahres wird es amtlich: Meidling wächst auf Kosten des Nachbarbezirks Favoriten um rund 6.000 Quadratmeter. Das ist etwas weniger als ein Fußballfeld. Die „Erweiterung“ erfolgt auf dem Gelände der AUVA (Allgemeine Unfall Versicherungsanstalt).

Auch wenn sich das sehr kompliziert anhört: Die Bewohnerinnen und Bewohner betrifft diese Änderung nicht. Das gesamte betroffene Gebiet befindet sich auf dem Bereich des Meidlinger Unfallkrankenhauses.

Platz fürs Rehab-Zentrum
Die Weichen für die Änderung wurde bereits im Mai gestellt, als die Favoritner Bezirksvertretung die Übergabe beschlossen hat. Diesen Sommer zog die Meidlinger Bezirksvertretung nach.

„Es ist nötig, dass das Traumazentrum eine einzige Adresse hat, damit es keine Verwirrungen gibt“, erklärt Michael Mader von der Magistratsabteilung Wien zu Wien heute. Aber nicht nur das bereits fertig gestellte Traumazentrum ist der Grund der Grundstück-Übergabe, sondern auch die Übersiedlung des „Weißen Hofs“ nach Meidling.

Das Rehab-Zentrum der AUVA wird in den nächsten Jahren in Meidling aufgebaut. Geplant ist, dass es bereits 2027 in seinen Vollbetrieb geht. Die Dependance in der Brigittenau, das Lorenz Böhler Krankenhaus, ist davon nicht betroffen.

36 Grenzverschiebungen in Wien
In den jüngsten 30 Jahren gab es bereits zweimal eine Grenzverschiebung zwischen Meidling und Favoriten: in der Eibesbrunnergasse und im Bereich Frachtenbahnhof Matzleinsdorf. In ganz Wien gab es 36 Grenzänderungen in den Bezirken seit 1954.

Änderungen müssen vorerst von den jeweiligen Bezirken genehmigt werden. Nach der administrativen Behandlung in der Landesregierung wird der Gesetzesentwurf für vier Wochen veröffentlicht.

Quelle: https://www.meinbezirk.at/meidling/c-politik/meidling-waechst-jetzt-um-6000-quadratmeter_a5574994,
Stand 09.09.2022, 15:19 Uhr

„Meidling bekommt ein neues Trauma- und Rehabilitationszentrum“

www.meinbezirk.at, Gesundheit, Dienstag, 06. September2022

Ab 2027
Meidling bekommt ein neues Trauma- und Rehabilitationszentrum

Die AUVA (Allgemeine Unfall Versicherungsanstalt) erweitert ihr Angebot. Es soll neben dem Zentrum für Trauma-Patienten auch ein Rehabilitationszentrum errichtet werden. Das heißt, der „Weiße Hof“ wird bis 2027 nach Meidling übersiedeln.

WIEN/MEIDLING. Die Allgemeine Unfall Versicherungsanstalt (AUVA) erweitert in den nächsten Jahren ihr Angebot. Dabei steht Meidling im Mittelpunkt. Gesucht wird ein Bürokomplex für die Zentrale. Dabei ist es den Verantwortlichen wichtig, dass sich diese in der Nähe des Traumazentrums des Unfall-Krankenhauses Meidling befindet.

Fix ist bereits, dass das medizinische Angebot der AUVA im Zwölften ausgebaut wird. Das heißt, dass zusätzlich zum bereits bestehenden Traumazentrum nun auch ein Rehabilitationszentrum entsteht: der „Weiße Hof“ wird nach Meidling ziehen.

Vom Spital direkt in die Reha
Während früher die Patientinnen und Patienten länger in den Spitalsbetten gelegen sind, sollen diese inzwischen sobald es möglich ist, direkt weiter in den Heilungsprozess übergehen. Am besten ist es dabei, dass ein Patient oder eine Patientin direkt vom Spital in die Reha verlegt wird – ohne Wartezeit. Dies kann in Meidling künftig problemlos durchgeführt werden.

Gerade bei komplizierteren Fällen ist das ein großer Vorteil, da so der Chirurg in Kooperation mit den Reha-Ärztinnen und Reha-Ärzten die Betroffenen bis zur Heilung begleiten kann. Bei etwaigen Rückfällen, die mitunter vorkommen können, ist das Miteinander von Unfallärztinnen und Unfallärzten sowie der Reha ebenfalls von großem Vorteil und hilft den Patientinnen und Patienten in deren Heilungsprozessen. „Diese umfassende Verschränkung für Unfallopfer von Akutversorgung bis zur – im besten Fall – Heilung ist einzigartig in Österreich“, so Christian Fialka, Leiter des Traumazentrums Meidling.

„Weißer Hof“ in Meidling
Der „Weiße Hof“ wird auf dem Gelände des bestehenden Krankenhauses entstehen. Bereits 2027 soll das Trauma- und Rehabilitationszentrum in Vollbetrieb gehen. „An einem Ort werden damit ganzheitliche und berufsbegleitende Reha sowie lebenslange Nachsorge angeboten“, so Fialka. „Bis zur Etablierung des Trauma- und Rehabilitationszentrums in fünf Jahren, wird am Weißen Hof die Reha auf dem bisherigen Niveau weitergeführt.“

Bevor der Startschuss für die Bauarbeiten zur Errichtung des neuen Rehabilitations-Bereichs erfolgt, werden die Anrainerinnen und Anrainer rechtzeitig verständigt.

Quelle: https://www.meinbezirk.at/meidling/c-gesundheit/meidling-bekommt-ein-neues-trauma-und-rehabilitationszentrum, Stand 05.09.2022, 13:32 Uhr

„Die Reform ist mit Sicherheit ein Erfolg“

www.news.at, Fakten, Dienstag, 30. August 2022

„Die Reform ist mit Sicherheit ein Erfolg“

Der Chef der ÖGK, Bernhard Wurzer, über die umstrittene Reform der Krankenkassen, die politische Kritik am Finanzierungssystem, den Vorwurf einer Zweiklassenmedizin und den Versuch, die heimische Gesundheitsversorgung effizienter zu machen.

VON GÜNTER FRITZ

Die ÖGK war heuer bereits öfters in den Schlagzeilen. Zuletzt erklärte etwa der burgenländische Landeshauptmann Doskozil, er brauche die ÖGK nicht. Die sei nur ein großer Apparat, der Geld verteilt. Das könne das Land auch übernehmen …

Das ist eine politische Diskussion, auf die ich nicht näher eingehen will. Fakt ist: Das Gesundheitssystem sieht eine duale Finanzierung von Ländern und Sozialversicherung vor. Die ÖGK leistet hier einen sehr großen Beitrag. Sieht man sich das Verhältnis der Spitalsfinanzierung durch das Burgenland und die Finanzierung der Spitäler und niedergelassenen Ärzte durch die ÖGK an, so beträgt das Verhältnis 107 Millionen Euro zu 460 Millionen. Das sagt schon alles. Im Übrigen wird die ÖGK über Beiträge der Dienstgeber und Dienstnehmer finanziert -Geld, das ausschließlich für die Gesundheitsversorgung reserviert ist. Im Gegensatz zu Landesbudgets, bei denen der Anteil für den Gesundheitsbereich flexibel gehandhabt werden kann.

Dieses Finanzierungssystem wird ja insofern kritisiert, als die Länder mit Steuergeld, die Kassen mit Beiträgen finanzieren. Das habe zur Folge, dass die Kassen die Patienten lieber in den Spitälern sehen, weil die Länder dafür zahlen -und die Länder die Patienten lieber im niedergelassenen Bereich, weil da die Kassen zahlen. Ist das tatsächlich so?
Das Problem der Finanzierungslogik ist weniger, dass Länder und Kassen als zwei Institutionen finanzieren, sondern die Problematik, dass mit der 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern ein Finanzierungssystem für die Spitäler festgelegt wurde, bei dem die Sozialversicherung eine fixe Pauschale bezahlt, die jährlich entsprechend den Beitragseinnahmen erhöht wird. Dennoch haben wir keinen Einfluss auf die Zahl der Betten in einem Krankenhaus oder die Öffnungszeiten der Ambulanzen – die jetzt nach Corona teilweise reduziert werden. Dieses Finanzierungsmodell wird von den Ländern nur immer dann in Frage gestellt, wenn deren Gesundheitskosten überdurchschnittlich steigen.

Und der Beitrag der Kassen?
Der Richtwert liegt bei über 40 Prozent der Kosten für Spitäler, es hängt aber dann noch von den tatsächlichen Kosten der Krankenhäuser ab. Politiker diskutieren gerne über Gelder, wenn die Finanzausgleichsverhandlungen mit dem Bund anstehen – und weniger über die Gesundheitsversorgung an sich. Das Entscheidende ist nicht, ob es eine Finanzierung aus einer Hand gibt, sondern ob es eine Versorgung aus einer Hand gibt. Und das machen wir -übrigens auch gemeinsam mit dem Burgenland. Wir haben den niedergelassenen Bereich mit freiberuflichen Ärztinnen und Ärzten, die Spitäler und die Spitalsambulanzen. Die Frage ist nur, welche Synergien man hier heben kann, um eine möglichst effiziente Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.

Woran denken Sie da?
Ausgehend von der Telefonnummer 1450 als Basis für einen telemedizinischen Dienst mit Konsultationen über Video bis hin zum Thema Spitalsambulanzen und/oder Allgemeinmediziner sollen die Menschen bei medizinischen Problemen so unterstützt werden, dass sie die optimale Betreuung bekommen.

1450 ist die Corona-Nummer?
1450 wurde bereits 2017 eingeführt und war als medizinische Erstberatung gedacht, wurde aber durch die Pandemie richtig bekannt und intensiv dafür genutzt. Sie soll jetzt zu einem telemedizinischen Dienst ausgebaut werden, in den auch die Spitäler mit eingebunden werden. So wie jetzt schon in der Steiermark, wo in Gegenden ohne niedergelassenen Mediziner Spitalsärzte in dislozierten Ambulanzen die Versorgung sichern. Auch im Burgenland sind wir in Gesprächen zu solchen Modellen.

Wie weit ist man beim Ausbau der Telemedizin?
Wir haben in sieben von neun Bundesländern mit der Ärztekammer Verträge geschlossen, dass Leistungen über Videokonsultationen abrechenbar sind -und zwar im selben Volumen, wie wenn der Patient vor Ort anwesend wäre. Zudem haben wir mit visit-e ein System aufgebaut, bei dem wir den Ärzten eine sichere Leitung für Videokonsultationen zur Verfügung stellen. Das beginnt langsam zu greifen; ehrlicherweise muss man sagen, es braucht dafür aber eine gewisse Anlaufzeit, damit auch die Ärztinnen und Ärzte die Vorteile erkennen und das in ihren Ordinationsalltag einbauen. Die neue Generation von Ärztinnen und Ärzten ist aber heiß auf solche Systeme, sie sehen darin die Zukunft.

Wie sieht es bei Gemeinschaftspraxen bzw. Primärversorgungszentren aus?
Wir merken bei Primärversorgungseinheiten ein großes Interesse – sowohl von Ärztinnen und Ärzten als auch von Patientinnen und Patienten. Sie schätzen es, dass dort in Teams gearbeitet wird, also Mediziner mit diplomierten Pflegekräften, Physiotherapeutinnen und -therapeuten oder Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen. Das bringt einen großen Mehrwert für alle. Gruppenpraxen sind anders aufgesetzt, das ist ein Zusammenschluss von mehreren Medizinern. Hier haben wir österreichweit 864 Planstellen besetzt.

Dieser Entwicklung stehen wir sehr aufgeschlossen gegenüber und wollen sie mit unserem „Sorglos-Paket“ unterstützen, bei dem Ärzte auswählen können – von der Praxisorganisation und Sprechstundenhilfe bis zur IT können verschiedene Leistungsmodule zugekauft werden. Der Bedarf ist da und wir haben jetzt eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen. Es gibt auch Gespräche mit der Ärztekammer dazu. Künftig soll das System viel flexibler, breiter und offener sein als bisher. Ziel ist, dass noch heuer die erste derartige Musterordination realisiert wird.

Stichwort Aufwand: Viele Ärzte klagen über immer größere Bürokratie …
Ich bin immer sehr erstaunt, wenn Kammerfunktionäre über Bürokratie reden, weil mir nicht ganz klar ist, was damit eigentlich gemeint ist. Die Abrechnungssysteme mit uns sind alle automatisiert, und dass ein Arzt dokumentieren und eine Patientenkartei führen muss, ist bei einem Gesundheitsberuf, bei dem es um Menschenleben geht, normal. Dass mit öffentlichen Geldern sorgsam umgegangen werden muss und korrekt abgerechnet werden muss, ist ebenfalls klar.

Wie stehen Sie zur Kritik, es entwickle sich immer stärker eine Zweiklassenmedizin? Das Wahlarztsystem etwa war da zuletzt im Fokus …
In Österreich gibt es ein Gesundheitssystem, in dem Sie den behandelnden Mediziner frei wählen und von der Behandlung eines Gerstenkorns im Auge bis zur Herztransplantation alles auf Kassenkosten bekommen können. Nicht viele Länder weltweit bieten ähnliche Leistungen in der Dimension an. Insofern finde ich die Diskussion über eine Zweiklassenmedizin schräg. Natürlich wird es immer ein System geben, in dem Ärzte privat arbeiten und nicht mit Kassenvertrag und sich leichter tun, weil sie keine fixen Ordinationszeiten anbieten, verrechnen können, was immer sie wollen, und nicht an bestimmte Regeln gebunden sind. Es wird immer auch Menschen geben, die privat zum Arzt gehen und sagen, der Preis ist es mir wert.

Sie halten das Wahlarztsystem also für okay, Ihr Obmann Andreas Huss will es dagegen abschaffen.
Das ist ein politischer Vorschlag, der in die Diskussion eingebracht wurde. Die ÖGK vollzieht die Rechtslage. Das System ist, wie es ist. Die Zahl der Vertragsärzte wird mit der Ärztekammer gemeinsam geplant. Darüber hinaus kann sich jeder Arzt in Österreich niederlassen und Leistungen privat erbringen. Wer zu einem Wahlarzt geht, bekommt 80 Prozent des Vertragstarifs, den die Kasse dem Arzt für Kassenleistungen verrechnet hätte, refundiert. Würde man das abschaffen, würden die Patienten nichts mehr zurückbekommen, während der Arzt trotzdem weiter privat tätig sein könnte.

Hat die Zunahme von Wahlärzten nicht auch damit zu tun, dass man bei ihnen schneller einen Termin bekommt oder weil man von einem bestimmten Mediziner operiert werden will?
Was Letzteres betrifft, so gehen wir grundsätzlich davon aus, dass es in Krankenhäusern keine Bevorzugung von Patienten gibt -unabhängig davon, ob sie zuvor in einer Privatordination waren oder nicht. So steht es im Gesetz. Was die Terminvergabe betrifft, so kann der Wahlarzt eben seine Arbeit frei steuern. Ein Kassenarzt hat dagegen vorgeschriebene Mindestöffnungszeiten und muss einen Versorgungsauftrag erfüllen. Wo es tatsächlich ein Problem gibt, sind Kinderärzte. Wir brauchen mehr Ausbildungsplätze. Hier versuchen wir – im Rahmen unserer Möglichkeiten -gegenzusteuern.

»Am Ende leben die Ärzte von unseren Honoraren«

Man hat den Eindruck, zwischen Krankenkassen und Ärztekammer herrscht Dauerstreit …
Solange ich mich erinnern kann, hat es immer wieder Meldungen der Ärztekammer gegeben, wie fruchtbar die Sozialversicherung nicht ist, aber am Ende leben die Ärzte dann doch von unseren Honoraren und wir einigen uns immer. Das gehört sozusagen zum Ritual der Vertragsverhandlungen dazu, bei denen die Claims abgesteckt werden. Seit 1955 werden die Honorare für definierte Leistungen ja jährlich zwischen Kassen und Ärzten neu verhandelt. À la longue wollen wir aber hin zu einem System mit einem definierten verpflichtenden Leistungsspektrum und gesondert sehr stark pauschalierten Tarifen nach dem Motto „Was kostet die Stunde Arzt?“. Im Grunde ist das Verhältnis mit der Ärztekammer ein korrektes, bei dem die jeweiligen Positionen manchmal je nach Bundesland etwas anders formuliert werden.

»Es braucht sich keiner sorgen, dass unsere Leistungen nicht gesichert sind«

Die ÖGK wird heuer 99,2 Millionen Euro Verlust schreiben, 2023 dürfte es ein zusätzliches Minus von 111 Millionen geben. Was heißt das für die Versicherten?
Bei einem Gesamtvolumen von über 16 Milliarden ist das überschaubar. Der Grund dafür ist, dass die Pandemie zu bewältigen war und derzeit neue teurere Medikamente auf den Markt kommen, was sich entsprechend auswirkt. Wichtig ist, dass die ÖGK über den Fünfjahresgesamtzyklus (bis 2024, Anm.) ausgeglichen bilanziert. In Summe geht es sich immer aus. Wir haben Rücklagen, die wir für solche Fälle bilden, und es braucht sich keiner sorgen, dass unsere Leistungen nicht gesichert sind. Laut gesetzlichem Auftrag haben wir ein Zwölftel der Beitragseinnahmen eines Jahres als Rücklagen zu decken. Das ist mehr als eine Milliarde Euro.

»Wir werden in den nächsten Jahren zwangsweise Synergieeffekt haben«

Apropos Geld: Statt einer groß angekündigten Patientenmilliarde als Einsparungseffekt hat die Reform der Krankenkassen 215 Millionen Euro Kosten verursacht, wie der Rechnungshof unlängst kritisiert hat. Ein Flop …
Nein, die Reform ist mit Sicherheit ein Erfolg, auch wenn eine politische Ankündigung nicht eingetreten ist. Natürlich verursacht eine Fusion zu Beginn auch Kosten. Das ist die größte Fusion im öffentlichen Bereich in der Geschichte Österreichs. Die Gesundheitskosten steigen jedes Jahr um 3,4 bis 3,5 Prozent. Dass in der Verwaltung bei jährlichen Kosten von 600 Millionen Euro nicht eine Milliarde eingespart werden kann, ist logisch. Es sagt auch der Rechnungshof. Wir haben in verschiedenen Bereichen – von Dienstpostenplan über IT-Systeme Synergieeffekte definiert. Dadurch wird die Entwicklung der Kosten nach oben gebremst.

Wir werden in den nächsten Jahren zwangsweise Synergieeffekt haben, zum Beispiel in der Kostenerstattung, die zu hundert Prozent digitalisiert wird. Dort wurde ein System mit künstlicher Intelligenz aufgebaut, das sich eine einzelne Gebietskrankenkasse nie alleine leisten hätte können. Auch wenn wir Systeme wie SAP österreichweit nutzen können, anstatt regionale Anwendungen aufzubauen, sparen wir alleine in diesem Jahr 20 Millionen Euro. Dasselbe gilt für die Servicierung unserer Gebäude oder den zentralen Einkauf.

Zuletzt hat es einen Disput um die telefonische Krankschreibung gegeben – wie ist der aktuelle Status quo?
Die telefonische Krankschreibung wurde in Spitzenzeiten des Lockdowns eingeführt, um zu verhindern, dass infizierte Personen in Ordinationen gehen mussten. Sie wurde auch abhängig von den Infektionszahlen immer wieder verlängert. Es ist aber entscheidend, dass unsere Versicherten zum Arzt gehen können, wenn sie krank sind. Sie haben ein Recht auf eine ärztliche Behandlung. Die telefonische Krankmeldung für Covid-Verdachtsfälle gibt es aber nach wie vor -und zusätzlich für alle, die einen positiven Test vorliegen haben.

Wie sehen Sie die Abschaffung der Corona-Quarantäne, was heißt das für Sie?
Als Dienstgeber haben wir in der Verwaltung Homeoffice für Corona-positive Personen angeordnet. Und sonst mussten wir in unseren Systemen gewisse Änderungen vornehmen, was Krankschreibungen betrifft. Mit Ende der Quarantäneregelung sind ja die Absonderungsbescheide weggefallen und die Arbeitgeber bekommen die Kosten für coronabedingte Ausfälle nicht mehr vom Bund ersetzt. Statt in Quarantäne sind Corona-positive Mitarbeiter jetzt meist im Krankenstand.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 33/2022 erschienen.

Quelle: https://www.news.at/a/bernhard-wurzer-12674896 , Stand 31.08.2022, 11:09 Uhr

„Weißer Hof“ könnte nach Wien übersiedeln

wien.orf.at, CHRONIK, 26.08.2022, 18.17 Uhr

Weißer Hof“ könnte nach Wien übersiedeln

Aus dem AUVA Traumazentrum Wien, dem früheren UKH-Meidling, soll ein Trauma- und Rehabilitationszentrum werden. Dafür könnte das Rehazentrum „Weißer Hof“ von Klosterneuburg in das Traumazentrum Wien übersiedeln.

Die AUVA versorgt rund 60.000 Unfallopfer jährlich – allein im Traumazentrum Wien in Meidling, Österreichs größtem Unfallspital, mit Rehazentrum. In den nächsten Jahren soll, laut AUVA, das „medizinische Angebot“ hier „deutlich ausgebaut“ werden.

An einem Ort sollen ganzheitliche und berufsbegleitende Rehabilitation sowie lebenslange Nachsorge angeboten werden: von der Akutversorgung für Unfallopfer inkl. Intensivstation, über Intensiv- und Frührehabilitation, stationäre, tagesklinische und ambulante Rehabilitation bis zur lebenslangen Nachbetreuung.

AUVA expandiert in Wien
Aus dem AUVA Traumazentrum Wien, dem früheren UKH-Meidling, soll ein Trauma- und Rehabilitationszentrum werden. Dafür könnte das Rehazentrum „Weißer Hof“ von Klosterneuburg in das Traumazentrum Wien übersiedeln.

Neues Rehazentrum in fünf Jahren
Möglich wäre, dass die AUVA am Standort Meidling das bestehende Traumazentrum und ihr Rehazentrum „Weißer Hof“ zusammenlegt. Dessen Übersiedelung nach Wien steht schon lange im Raum. Von der Belegschaft sei zu hören, dass die Verlegung des „Weißen Hofs“ nach Meidling für 2027 fix geplant sei.

Von der AUVA heißt es dazu auf ORF-Anfrage: „Die AUVA wird voraussichtlich im Jahre 2027 ihr neues Rehabilitationszentrum am Standort Meidling in Betrieb nehmen und somit das erste integrierte Trauma- und Rehabilitationszentrum Österreichs eröffnen. Bis zu diesem Zeitpunkt wird am Weißen Hof die Rehabilitation auf dem bisherigen hohen qualitativen Niveau weitergeführt.“ Die Nachnutzung des Rehazentrums Weißer Hof werde derzeit verhandelt.

AUVA sucht Büroimmobilie
Fix sei jedenfalls die Übersiedlung der Verwaltungszentrale der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt. Per öffentlicher Ausschreibung wird derzeit eine Büroimmobilie gesucht. Die alten Standorte in der Brigittenau waren aufgegeben worden.

Momentan ist die AUVA in den Twin Towers am Wienerberg eingemietet. Am gesuchten neuen Standort sollen die Hauptstelle der AUVA und die Landesstelle Wien unter einem Dach arbeiten. Das Traumazentrum in Meidling soll nicht weiter als 1,5 Kilometer Luftlinie entfernt liegen.

Quelle: https://wien.orf.at/stories/3170536/ , Stand 29.08.2022, 11:35 Uhr

Rechnungshof kritisiert Fusion der Krankenkassen

1. Allgemeine plus, 19.08.2022 (S. 7)

Rechnungshof kritisiert Fusion der Krankenkassen

Gescheiterte Kosten-und PersonalreduktionMit 1. Jänner 2020 wurden die 21 Sozialversicherungsträger auf 5 reduziert: Die 9 Gebietskrankenkassen wurden zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zusammengelegt. Bauern und Unternehmer wurden in der neuen Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS) vereint, die Beamten bekamen die Eisenbahner und den Bergbau zur Versicherungsanstalt für den öffentlichen Dienst, Eisenbahn und Bergbau (BVAEB) dazu. Die Pensionsversicherungsanstalt (PV) blieb ebenso bestehen wie die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA). Für besondere Kritik sorgte schon damals, dass vor allem in den Gremien der ÖGK die Arbeitnehmer ihre Mehrheit verloren und stattdessen eine Parität mit den Dienstnehmervertretern hergestellt wurde, womit die ÖVP de facto eine Mehrheit bekam. Der Vorsitz in der ÖGK, der PV und im neu geschaffenen Dachverband wechselt halbjährlich zwischen Arbeitgeber-und Arbeitnehmervertretern. Die damalige türkis-blaue Regierung versprach für die Reform nicht nur eine massive Reduktion der Zahl an Kassenfunktionären, sondern auch eine „Patientenmilliarde“. Davon kann aber laut einem Rechnungshof-Rohbericht keine Rede sein: Die Prüfer stellten stattdessen einen Mehraufwand von 214,95 Mio. Euro fest. Grund dafür sind unter anderem höhere Kosten für Verwaltung und IT. Auch die geplante Personalreduktion fand demnach bisher nicht statt: Bei den Krankenkassen erhöhte sich der Personalstand von 16 087 Vollzeitstellen im Jahr 218 auf 16 189 im Jahr 2020. Bei den Führungskräften kam es immerhin zu einer geringfügigen Verschlankung. Der Rechnungshof kritisiert im Rohbericht auch die Personalbesetzungen bei der Gesundheitskasse und beim Dachverband als intransparent. Konkret betrifft dies etwa den Büroleiter des neuen Dachverbands, einen Investmentbanker. So seien etwa Dokumente zu Entscheidungskriterien vor der Prüfung geschreddert worden. „Was wir längst gewusst haben, hat wie medial kolportiert nun der Rechnungshof bestätigt: Statt der versprochenen Patientenmilliarde gab es nur Mehrkosten“, kritisiert MR Dr. Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer. „Es war uns längst klar, dass es sich bei diesen Versprechungen maximal um Wunschdenken gehandelt haben kann. Jetzt können wir wohl endgültig dieses Märchenbuch schließen“, fasst Steinhart zusammen. „Jedenfalls muss der Scherbenhaufen, der da verursacht wurde, so schnell wie möglich aufgeräumt werden. Den Landesstellen müssen dringend ihre Kompetenzen zurückgegeben werden und die aktuelle Regierung ist aufgefordert, massiv Geld in die Österreichische Gesundheitskasse zu pumpen.“ Nur so könne der Schaden noch repariert werden, der seit der Ankündigung noch angewachsen ist. Angesichts dessen erfordere es daher eine noch größere Finanzspritze, um den Patienten doch noch ihre hochverdiente Versorgungsverbesserung zu ermöglichen. Der Generaldirektor der ÖGK, Mag. Bernhard Wurzer, verteidigte in einem ZiB-2-Auftritt trotz massiver Kritik des Rechnungshofs die Kassenreform. Das Einzige, was man den damaligen politischen Vertretern möglicherweise vorwerfen könne, sei, dass die „Patientenmilliarde“ zu schnell versprochen wurde, gestand Wurzer ein. Dass sich die Erfolge nicht so schnell eingestellt haben wie versprochen, sei aber auch der Pandemie geschuldet. (red)

Quelle: Presseaussendung der Österreichischen Ärztekammer vom 2. Juli 2022

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