Regierung will Ausbau beschleunigen

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Regierung will Ausbau beschleunige

39 Primärversorgungszentren gibt es bisher in Österreich, vor zwei Jahren hätten es bereits 75 sein sollen. Die ÖVP-Grünen-Regierung will den Ausbau dieser Gesundheitseinrichtungen nun beschleunigen und deren Zahl bis 2025 verdreifachen – trotz des Widerstands der Ärztekammer. Diese sieht in der am Donnerstag vorgestellten Novelle „reinen Aktionismus“.

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hatte bereits im Jänner kritisiert, dass die geringe Zahl der Primärversorgungszentren auf den Widerstand der Ärztekammer zurückzuführen sei. Er bezeichnete deren Vetorecht bei den Primärversorgungszentren als „Anachronismus“. Dass sich Sozialversicherung und Ärztekammer bisher über die Ausschreibung eines Projektes einig werden mussten, habe in der Praxis oft zu jahrelanger Verzögerung geführt.

Mit der Novelle, die nun in Begutachtung geht, soll das Angebot dieser Zentren bis 2025 auf 121 erhöht werden. Sind den Plänen zufolge künftig in einer Versorgungsregion zwei Stellen von Allgemeinmedizinern und Kinderärzten unbesetzt, haben Ärztekammer und Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) sechs Monate Zeit, neue Ärzte zu finden. Gelingt das nicht, können die jeweilige Landesregierung und die ÖGK gemeinsam eine Primärversorgungseinrichtung ausschreiben. Das Vetorecht der Ärztekammer entfalle dann, erklärte Rauch. Das kommt einer Entmachtung der Ärztekammer gleich.

„Alles andere als durchdacht“
Die Politik will mit diesen Zentren Spitalsambulanzen entlasten und „zeitgemäße“ Arbeitsbedingungen für Ärztinnen und Ärzte schaffen, etwa durch die Aufteilung von Diensten. Die Patienten und Patientinnen wiederum profitierten von der Kooperation mit anderen Gesundheitsberufen wie etwa Hebammen und von längeren Öffnungszeiten.

Die ÖGK sieht in den Primärversorgungszentren „das Modell der Zukunft“, das auch von jungen Ärzten gut angenommen werde. Die Ärztekammer reagierte hingegen verärgert über den Vorstoß. Dieser sei „alles andere als durchdacht“, meinte Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart in einer Aussendung am Nachmittag: „Wenn die Rahmenbedingungen so unattraktiv sind, dass sich keine Ärztinnen oder Ärzte finden, dann wird auch eine PVE (Primärversorgungseinrichtung, Anm.) keinen Turbo einlegen können. Das wird eine Fehlzündung.“

Ärztekammer fordert weitere Gespräche
Zudem gebe es bereits ein Ärztekammer-Konzept zu Primärversorgungszentren für Kinder- und Jugendheilkunde. Dieses sei aber aufgrund einer fehlenden Einigung zur Finanzierung zwischen Sozialversicherung und Ländern gescheitert, sagte Steinhart.

Die konsensorientierte Zusammenarbeit von Ärztekammern und Kassen bei der Besetzung von Kassenstellen habe lange Zeit einwandfrei funktioniert, stellte Edgar Wutscher, Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, fest. Es sei ein „Affront“, „dass man dieses Vorgehen nun für ein paar billige Punkte und Wunschträume opfert“. Die Ärztekammer-Vertreter fordern weitere Gespräche für eine „konsensuale“ Lösung.

Fokus auf ländliche Regionen
ÖVP-Gesundheitssprecher Josef Smolle verteidigte bei der Pressekonferenz mit Rauch am Donnerstag die Vorgangsweise. Es dürfe gerade bei solchen Fragen nicht um Fragen der Macht gehen. Es sei ein „sehr transparenter Weg gewählt worden, der durchaus die Mitwirkung der Ärztekammer auch wesentlich weiter berücksichtigt“. Wenn die Sondersituation eintrete, dass es nicht möglich ist, die Versorgung sicherzustellen, trete „tatsächlich ein gewisser Automatismus“ in Kraft. Die Ärztekammer sei aber „immer herzlich eingeladen, die Kassenstellen zu befüllen“.

Rauch will mit diesen Plänen den Mangel an Kassenärzten vor allem im ländlichen Bereich lindern. Mit der Novelle sollen auch die Rahmenbedingungen für Primärversorgungszentren erleichtert werden. Künftig sollen sich nicht nur Allgemeinmediziner, sondern auch Kinderärzte bewerben können. Auch Ärzte, die noch keinen Kassenvertrag haben, sollen sich nach der Gesetzesänderung an der Gründung beteiligen können. Damit sollen Wahlärzte verstärkt in die Kassenversorgung integriert werden, erklärte Smolle.

SPÖ und NEOS unterstützen Vorhaben
Für „höchst an der Zeit“ hält SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher den Vorstoß der Regierung. Kucher wie auch NEOS-Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler begrüßten auch die geplanten Einschränkungen der Kompetenzen der Ärztekammer: „Die Macht der Ärztekammer, die jeden ernst zu nehmenden Ausbau der Primärversorgung verhindern, muss beschnitten werden.“ Neben Ärzten müssten aber auch andere Gesundheitsberufe wie Physiotherapeuten solche Zentren betreiben dürfen.

Quelle: https://orf.at/stories/3307318/  vom 02.03.2023 um 19:24 Uhr

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